Bockproblematik - Auslaufmodelle in der Meerschweinchenhaltung oder Langsitzer in Notstationen und Tierheimen!

Meerschweinchenböcke sitzen nicht selten über Monate in Notstationen und Tierheimen, bis sie ein neues Zuhause finden. Und weitere, meist unkastrierte Böcke, warten darauf, zur Vermittlung aufgenommen zu werden. Die Wartelisten sind lang!

Die Abgabeschwemme und die oft schleppende Vermittlung der Böcke ist für Notstationen und Tierheime eine kleine bis mittelgroße Katastrophe. Die vorhandenen Tiere blockieren Plätze und nachrückende können nicht aufgenommen werden.

Böcke sind zudem immer ein Kostenfaktor. So gut wie immer sind es unkastrierte Böcke, die abgegeben werden und es müssen daher Kastration durchgeführt und bezahlt werden. Im Sinne des Tierschutzgesetzes ist dies auch unabdingbar. Eine Kastration ist nötig, um weitere Vermehrung zu vermeiden. Wir, vom Verein SOS Meerschweinchen e.V., vermitteln keinen Bock unkastriert, außer wenn der Gesundheitszustand dagegen sprechen würde. Da unkastrierte Böcke in den Pflegestellen und bei Unverträglichkeit mit anderen Böcken ein komplettes Gehege blockieren und dort keine weiteren Tiere bis nach Kastration und vierwöchiger Wartezeit dazu gesetzt werden können, ist es uns daher kaum möglich, die vielen Böcke, die abgegeben werden sollen, auch aufzunehmen. Wir bitten daher die Halter, welche unkastrierte Böcke bei uns abgeben möchten, die Tiere doch noch kastrieren zu lassen. Dann können wir sie nach der Kastration und der anschließenden Wartezeit viel schneller aufnehmen. Damit es hier nicht am Geld scheitert, bieten wir an, die Kastrationskosten bei Aufnahme der Tiere und gegen Vorlage der Tierarzt-Rechnung zu übernehmen.

Bei Meerschweinchen-Würfen werden Weibchen und Böckchen im etwa gleichen Verhältnis geboren. Die natürlichste Haltung von Meerschweinchen besteht allerdings aus einem Bock und mehreren Weibchen. Wohin also mit den überschüssigen Böcken? Und genau hier liegt das Problem der langsitzenden Böcke in Notstationen und Tierheimen.

 

Wie können wir dieses Problem lösen?

Wichtig ist hierbei die Hilfe zukünftiger Halter. Analysieren wir daher die möglichen Haltungsformen.

 

Weibchengruppen:

Viele Halter, welche keinen Nachwuchs möchten, aber auch keine Kosten durch Kastration von Böcken aufbringen wollen oder auch können bzw. das Risiko der OP scheuen, wählen zwei oder mehrere gleichgeschlechtliche Tiere. Meist Weibchengruppen, da die Halter entweder dem Irrglauben aufsitzen, dass Böcke stinken oder sie scheuen die allgemeinen Schwierigkeiten einer Bockgruppe.

Durch die reine Haltung von Weibchen bleiben aber viele Böcke auf der Strecke und warten lange auf ein neues Zuhause.

Überlegen Sie sich daher, ob Sie nicht einem Kastraten die Chance auf ein neues Zuhause geben und bereichern Sie ihre Weibchengruppe.

Reine Weibchengruppen gehen nicht immer gut. Oft kommt es zu Zickereien, da eines der Weibchen extrem dominant wird und das unterlegene Tier stark unterdrückt, was viel Stress für alle bedeutet. Spätestens dann wird ein guter Kastrat unerlässlich, um Frieden zwischen den Weibchen zu stiften und bei Streitigkeiten dazwischen zu gehen.

Auch ist uns aufgefallen, dass gerade bei Weibchengruppen die Neigung zu Eierstockzysten erhöht ist, was gesundheitlich starke Probleme verursachen kann. Ein Kastrat kann das durch das regelmäßige Aufreiten während der Brunst verhindern bzw. eindämmen.

Böcke stinken auch nicht mehr als Weibchen. Dies ist ein Gerücht und bei einem ordentlich gemisteten Stall nicht vorhanden. Sollten Böcke doch riechen, kann dies an der Perinealtasche liegen, die deutlich größer ist als bei Weibchen. Bei Kastraten ist diese Tasche aber recht klein und die Tiere können sie selbst sauber halten. Sollten, oft durch das Alter, die Böcke ihre Tasche nicht mehr selbst reinigen können, wird hier gezeigt, wie der Halter dies übernehmen kann: http://www.salat-killer.de/perinealtasche/perinealtasche.html

 

Übernimmt man kastrierte Böcke von Tierheimen oder Notstationen, entfallen die Ängste der OP-Risiken bzw. der Nachversorgung. Die Tiere sind direkt bereit Haremswächter in Ihrer Weibchengruppe zu werden!

 

Gemischte Gruppen:

Diese Gruppen bestehen meist aus einem Kastrat und mehreren Weibchen. Einen weiteren Kastrat dazu zu setzen ist fast nicht möglich. Da dafür meist der deutlich höhere Platzanspruch und die Mindestanzahl von 4 bis 5 Weibchen pro Bock fehlt. Zudem würde es die oft nicht ausreichend sozialisierten dominanten Böcke, auch bei den besten Haltungsbedingungen, nicht daran hindern, erbitterte Kämpfe um die Weibchen zu führen.

Aber es gibt eine andere Möglichkeit: Frühkastraten! Jungböcke, die vor der Geschlechtsreife kastriert werden und so in der Gruppe verbleiben können, erlernen wunderbar das richtige Sozialverhalten. Dies führt dazu, dass sie den erwachsenen Kastraten als ranghöher akzeptieren und es keine Streitigkeiten um die Weibchen geben wird. Nur selten sind Frühkastraten dabei, die genetisch bedingt schon sehr dominant sind und mit denen dann eine solche Konstellation nicht möglich ist.

Sprechen Sie doch über diese Möglichkeit mit dem Tierheim oder der Notstation Ihres Vertrauens, ob dies bei Ihnen umsetzbar wäre. Sollte solch ein Versuch doch in seltenen Fällen nicht funktionieren, nehmen Tierheime und Notstationen Ihre Tiere jederzeit zurück.

 

Bockgruppen:

Dies ist in keinster Weise eine natürliche Haltungsform. Doch sie ist trotzdem die einzige Möglichkeit, viele überzählige Böcke zu einem Zuhause zu verhelfen. Und bei richtiger Haltung und Durchführung ergeben sich dicke Männerfreundschaften.

Oft steht geschrieben, dass Bockgruppen nichts für Neulinge in der Meerschweinchenhaltung sind, wir sehen dies auch so, möchten dies aber etwas differenzieren. Es kann immer mal passieren, dass sich trotz bester Bedingungen eine Bockgruppe nicht mehr verträgt. Was folgt, sind oft Tiere, die getrennt in Einzelhaltung leben oder der Halter müsste neue Gruppen eröffnen, was nicht immer platz- und geldtechnisch möglich ist. Als Notstation sind wir immer Ansprechpartner und können bei Problemen in der Bockgruppe beratend zur Seite stehen oder durch Tauschen von Partnertieren für Harmonie sorgen.

Bockgruppen benötigen Platz, eine gute Konstellation (unterschiedliches Alter der Tiere usw.), viel Abwechslung und einen Halter mit guten Nerven und dem Interesse dazu zu lernen. Wir stehen mit den Haltern unserer Schützlinge immer im lockeren Kontakt und können daher sagen, dass wir fast alle Böcke richtig gewählt haben und sich die Halter nun über wunderbare Bockgruppen freuen.

Wenn Sie Böcken durch eine Bockgruppe helfen, helfen wir Ihnen gerne bei der Planung Ihrer Haltung. Wohnen Sie zudem in unserem Vermittlungsgebiet, würden wir uns sehr freuen, wenn unsere Schützlinge bei Ihnen ein neues Zuhause finden.

Dies war nun ein kleiner Einblick in die Bockproblematik bei Notstationen und Tierheimen. Vielleicht können wir hiermit anregen, von reinen Weibchengruppen Abstand zunehmen und die Haltung von Böcken auch aus einem anderen Aspekt zu sehen: Den Tieren einen unnötig langen Aufenthalt in einer Pflegestelle zu ersparen und bald ein schönes Zuhause zu finden. Die Tiere werden es Ihnen danken!

 

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